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Boxenstopp bei Joanneum Racing Graz #39: Wie funktioniert ein Formula Student Wettbewerb?

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Anders als bei der Formel 1 wird bei der Formula Student kein rund 2-stündiges Rennen gefahren. Die Teams treten in drei statischen und vier dynamischen Disziplinen gegeneinander an. Bei den “Statics” präsentieren die Teams einen Business Plan, eine Kostenaufstellung und das Design des Fahrzeuges. Bei den “Dynamics” werden die Rennwagen der Teams auf der Strecke auf Herz und Nieren getestet.
Aber warum treten die Teams nicht gleich in richtigen Rennen gegeneinander an? Die Antwort ist recht einfach: Es ist zu gefährlich, bei einem Crash würde wahrscheinlich zu viel vom Fahrzeug kaputt gehen und es ist im offiziellen Reglement sogar verboten.

First things first: Die technische Inspektion

Um die Sicherheit der Rennautos sicherzustellen, beginnt jedes Event mit einer technischen Inspektion. Bei Elektrofahrzeugen, wie dem von Joanneum Racing Graz, werden dabei unterschiedliche technische Aspekte wie die elektrischen Systeme, die Batterie und der Fahrzeugaufbau kontrolliert. Nachdem diese Tests bestanden wurden, stehen der tilt test, der rain test und der brake test an. Beim tilt test wird das Auto auf eine Plattform gestellt und auf 60 Grad gekippt, dabei darf es weder kippen und noch Lecks aufweisen.

Der tilt test ist ein Teil der technischen Inspektion, die man vor den Wettbewerbsfahrten bestehen muss.

Beim rain test wird der Bolide zwei Minuten lang von allen Seiten mit Wasser bespritzt – dabei darf ein Schutzmechanismus des elektrischen Systems im Auto währenddessen und zwei Minuten danach nicht ausgelöst werden. Als letzter Test muss der brake test absolviert werden. Dabei fährt das Auto eine Gerade entlang, es muss innerhalb einer Bremszone stehen bleiben und alle vier Räder müssen blockieren. Nachdem alle diese Tests bestanden wurden, geht es los mit den dynamischen Disziplinen.

Ab auf die Strecke

Die dynamischen Disziplinen sind Acceleration, Skidpad, AutoCross und Endurance. Aus den Daten von Endurance wird zusätzlich das Efficiency-Event ermittelt.
Bei Acceleration wird – wie der Name schon verrät – die Beschleunigung der Autos getestet. Um diese zu messen, wird eine 75 Meter lange Gerade gefahren und die Zeit dafür genommen.
Beim Skidpad-Event geht es um die Kurvengeschwindigkeit. Dafür werden insgesamt vier Kreise – zweimal nach rechts und zweimal nach links – gefahren. Zuerst wird eine Einführungsrunde in eine Richtung gefahren, damit für die zweite, gestoppte Runde ein fliegender Start erfolgen kann. Die Endzeit für Skidpad ergibt sich aus dem Durchschnitt der Zeiten für die beiden fliegenden Runden nach links und rechts. So viel sei bereits verraten: Bei der Formula Student Austria Ende Juli konnte Joanneum Racing Graz mit einer Zeit von 4,405 Sekunden darin einen neuen Weltrekord aufstellen!

Der JR23 konnte auf den Wettbewerben in Ungarn, den Niederlanden und in Spielberg bereits einige Erfolge einfahren.

AutoCross ist vergleichbar mit einer schnellen Runde in einem Formel 1 Qualifying. Im AutoCross wird eine einzelne schnelle Runde auf einer mit Verkehrshütchen abgesteckten Strecke absolviert. Das Team mit der schnellsten Runde gewinnt.
Die letzte Disziplin ist Endurance. Bei Endurance müssen die Teams 22 Kilometer auf einer Rundstrecke mit ihrem Rennwagen zurücklegen. Nach der Hälfte der Runden wird ein verpflichtender Fahrerwechsel absolviert. Endurance ist das anspruchsvollste Event, in dem die meisten Punkte vergeben werden.
Die Punkte, die das Team in einer Disziplin erhält, werden mit einer Formel errechnet. Als Richtzeit wird bei dieser Formel die Zeit des schnellsten Teams herangezogen, wenn der:die Fahrer:in während der Fahrt den Kurs verlässt oder ein Verkehrshütchen verschiebt, werden dem Team Strafsekunden abgezogen.

Die statischen Disziplinen

Zusätzlich zu den dynamischen Disziplinen treten die Teams auch in drei statischen Disziplinen an – Engineering Design, Cost and Manufacturing und Business Plan Presentation.
Beim Engineering Design präsentieren die Teammitglieder aufgeteilt auf verschiedene Teilbereiche das Gesamtfahrzeugkonzept. Dabei stehen sie den Judges Rede und Antwort bei Detailfragen unter anderem in den Teilbereichen Aerodynamik, Fahrwerk, Ergonomie, Elektrik oder auch der Teamorganisation. Beurteilt werden das technische Verständnis des Teams und die Logik der Konzepte.

Die Weasels konnten bei Cost and Manufacturing diese Saison bereits glänzen

In der Disziplin Cost and Manufacturing wird die Liste der Bauteile des gesamten Autos präsentiert. Dabei geht es vor allem um das Verständnis von Herstellungskosten und Herstellungsprozess auf einer unternehmerischen Basis. Von ausgewählten Baugruppen müssen Prozess und Kosten näher vorgestellt werden und bei jedem Wettbewerb gibt es eine vorgegebene real case study, die sich auf die Kosten und den Manufacturing-Prozess bezieht.
Die letzte Aufgabe bei den statischen Disziplinen ist die Business Plan Präsentation. Dabei entwickeln die Studierenden ein Geschäftsmodell rund um den Boliden und präsentieren es dann vor einer Jury. Die Jurymitglieder werden dabei wie potentielle Investor:innen behandelt und müssen für ein Investment überzeugt werden. Die Präsentation dauert zehn Minuten, im Anschluss folgt eine Q&A-Session für weitere Detailfragen. Als Geschäftsmodell kann man beispielsweise ein Teambuilding-Event, ein Videospiel, eine App oder auch eine Unterhaltungsserie entwickeln.

Die Punkteverteilung bei einem Formula-Student-Wettbewerb

Die Gesamtpunkte aller dynamischen und statischen Wettbewerbe werden am Schluss addiert und das Team mit den meisten Punkten darf sich über den Gesamtsieg freuen. Das gelang den Weasels von Joanneum Racing Graz vergangenes Jahr als erstes österreichisches Team in der Elektroklasse bei der Formula Student Alpe Adria und Mitte Juni konnte das Team mit dem Gesamtsieg bei der Formula Student Easter nahtlos an die erfolgreiche Vorsaison anschließen.

Für die Weasels ging es im Juli bereits auf Wettbewerbe in die Niederlande und an den Red Bull Ring. Wie es ihnen dort ergangen ist, erfahrt ihr entweder auf den Social-Media-Kanälen des Teams oder im nächsten Blogpost. Bis dahin: Never Stop Pushing!